Nach einer kurzen Pause sprach der Meister: "Das wahre Hindernis ist nicht der Tod, sondern die Angst.
Angst entsteht, wenn wir entweder in die Zukunft oder in die Vergangenheit blicken. Wenn wir jedoch im gegenwärtigen Moment leben, existiert keine Angst." Er hielt inne. "Es gibt keinen Tod."
Wieder machte er eine Pause. "Es gibt nur die stetige Veränderung von einem Moment zum nächsten. Wenn Du im jetzigen Augenblick vollkommen präsent bist, kann es keine Angst mehr geben, denn der Moment umfasst alles. Es gibt weder mehr noch weniger. Was wir als Angst vor dem Tod empfinden, sind in Wirklichkeit Ängste vor der Zukunft – die Vorstellung, wie sich unser
Leben verändern könnte. Doch die Veränderung passiert ständig, in jedem einzelnen Augenblick.
Wir schenken ihr jedoch kaum Aufmerksamkeit. Es ist paradox, dass wir uns so sehr um einen fernen, imaginären Punkt in der Zukunft sorgen, während wir das Hier und Jetzt völlig unbeachtet lassen. Im Zen geht es darum, im Moment präsent zu sein. Und der beste Zeitpunkt, um dies zu tun, ist genau jetzt. Wenn wir nicht im Moment sind, fühlt es sich an, als wären wir tot. Ein
merkwürdiger Gedanke, oder? Wir fürchten den Tod, während wir uns selbst in unserem Leben gar nicht richtig wahrnehmen."
Der Merister lachte kurz, bevor er mich mit einem intensiven Blick ansah, der schien, als würde er direkt in meine Seele blicken. "Im Chan geht es nicht darum, über Leben und Tod nachzudenken.
Ein wahrer Chan-Praktizierender stellt keine Fragen nach der Natur des Lebens oder des Todes.
Solche Fragen sind für Philosophen. Ein Zen-Mensch ist mit dem Sein verbunden und sobald er dieses Sein erfahren hat, verweilt er in diesem Zustand. Doch das bedeutet nicht Passivität. Chan fordert unser inneres Auge heraus, die wahre Wirklichkeit von der Illusion zu unterscheiden.
Anfangs mag es anstrengend sein, da wir es nicht gewohnt sind, und unsere Wahrnehmung und Denkweise neu ausrichten müssen. Aber mit der Zeit wird es zur natürlichen Art, die Welt zu sehen."
Chan lehrt uns also nicht, den Tod zu fürchten, sondern im gegenwärtigen Moment zu leben, das Einzige, was wir wirklich haben. Wenn Du das Verstehen des Chan in Dein Leben integrierst, wirst Du feststellen, dass der Tod nur eine Idee ist, die durch Deine Ängste erschaffen wird.
Der Weg des Chan führt Dich zu einer tiefen Erfahrung des Seins, in der es keine Zukunft und keine Vergangenheit gibt, nur das Jetzt.
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