Im November fand der Shaolin Competition Cup 2023 in Italien statt.
Von Sonntag bis Dienstag war ich in Italien, in Venedig, genauer gesagt in Jesolo, 20-30 Minuten außerhalb der schon Lagunenstadt. Hier fand das diesjährige Shaolin-Symposium statt, auf dem über 5000 internationale Schüler ihre Gürtel-Prüfung ablegten, und unter den Augen von verschiedenen Meistern ihre Auszeichnung bekamen
Ich war vom Abt des Shaolin Tempels China Shi Yong Xin selbst eingeladen, als mich die sehr kurzfristige Einladung erreichte war ich im Zweifel ob ich überhaupt hinfahren sollte, 20 Jahre habe ich den ehrwürdigen Abt nicht mehr gesehen, seit ich den Shaolin Tempel Deutschland 2006 in Berlin verlassen hatte, habe ich mich mehr oder weniger vom Tempel zurückgezogen. Zu sehr habe ich mich geschämt, dass ich seinerzeit in Berlin den Shaolin Tempel nicht weiterführen konnte und durfte.
Den ganzen Sonntag bin ich mit dem Auto nach Italien gefahren, einen passenden Flug gab es nicht, und auch die Züge hatten nicht die für mich richtigen Verbindungen, zumal ich unterwegs noch die Frau meines Meisters, Frau Fu, mitgenommen habe.
Nachts um 12 sind wir angekommen, ein Hotelzimmer wartete auf uns in Jesolo, ich ging sofort ins Bett. Um 6:30 morgens klingelte mein Telefon, ich wurde zum Abt bestellt, mir gingen die Nerven auf Grundeis, was würde er zu mir sagen, wäre er mehr böse, würde ich ihn überhaupt wiedererkennen, 20 Jahre sind eine lange Zeit.
Als ich vor ihm stand hatte ich Tränen in den Augen, es war wie alte alte Freunde, die sich nach langer Zeit wieder sagen wir haben sofort so weitergemacht, wie wir ursprünglich aufgehört hatten. Kurze Zeit später sind wir schon nach Venedig gefahren und haben dann den ganzen Tag zusammen verbracht, eben die zwei alte Freunde, wir haben Dinge besprochen, Projekte angedacht, viel über alte Zeiten gesprochen haben wir natürlich auch.
Ich durfte dem Abt auch meinen neuen Ideen präsentieren, meine angedachte 108 Tempel Tour fand sein großes Interesse, er ließ seinen Wagen mit seinem Fahrer stehen, stieg zu mir ins Auto und gemeinsam plauderten wir auf der Reise nach Venedig, standen am Markusplatz, besuchten den Dom, eben wie zwei alte Freunde, die sich zusammen eine schöne Stadt anschauen, drumherum war noch seine Begleiter, junge Mönche, und natürlich auch der Abt des Shaolin Tempels Deutschland, Shi Yong Chuan.
Und sicher zehnmal erklärte mir der Ehrwürdige Abt, dass er mir sehr dankbar sei für meine Arbeit damals im Shaolin Tempel Deutschland, und dass es ohne meine Arbeit auch das heutige Symposium hier in Italien wahrscheinlich gar nicht gäbe.
Wir waren zusammen Essen, haben gemeinsam Kaffee getrunken, geplaudert und uns über alles mögliche heiter und angeregt unterhalten, immer wieder bin ich auf die 108 Tempel Tour eingegangen, die ich hoffe im nächsten Jahr zu absolvieren.
Bei der 108 Tempel Tour soll die Lebensgeschichte Buddhas nachempfunden werden, mit einem Reisebus die Stationen seines Lebens abgefahren werden, da, wo geboren wurde soll es beginnen, am Platz seiner Erleuchtung soll es weitergehen, am Ort seines Todes dann übergehen zum 28. Patriarchen des Buddhas, dem Bodhidharma, vom Ort seiner Geburt weiter auf dem selben Weg wie er seinerzeit nach China kam, mit einem Schiff, dann weiter auf den Spuren seines Lebens über die Berge in den Shaolin Tempel in China kam, dort, wo er die heute als Zen-Buddhismus bekannten Philosophie begründete.
Weitergehen soll die Busreise dann zu allen schönen Tempeln Chinas, Koreas und Japans, aber auch Thailand, Laos und Vietnam soll mit dem Bus besucht werden.
Bis jetzt nur ein schöner Traum, aber wer weiß?
Ich war in Italien auch bei allen Sitzungen des Europäischen Rates des Shaolin Tempels und konnte mich davon überzeugen, dass meine ursprüngliche Arbeit große Früchte getragen hat.
Am nächsten Tag sind wir dann wieder gemeinsam nach Caorle gefahren, Shi Yong Xin stieg wie selbstverständlich in meinen Wagen, auch mein lieber Freund Dr. Ding war in der Zwischenzeit angekommen, er und zwei Mönche sowie Frau Fu stiegen zu, wir verbrachten wieder eine wundervolle Zeit am Meer.
Nach dem Mittagessen bat er mich ihn zurück zum Veranstaltungsgebäude zu bringen. Vor der Tür sagte er mir, dass die Reise nach Deutschland weit sei, er noch zu tun habe und er sowieso am Abend nach Rom aufbrechen würde. Wir verabschiedeten uns, auch Shi Yong Chuan sagte Adieu, dann fuhr ich Frau Fu noch zum Flughafen Marco Polo. Der Name des Flughafens brachte mich ins Grübeln, meine Geschichte hat ja durchaus Parallelen.
Beim obligatorischen, chinesischen Abschiedsfoto bekam ich den Ehrenplatz neben seiner Heiligkeit Shi Yong Xin, was für eine große Ehre für mich, über die ich erst bei der Heimfahrt nachdenken konnte, zu sehr hat mich die ganze Angelegenheit bewegt, 20 Jahre sind eine lange Zeit.
Ich konnte 20 Jahre meine Wunden lecken, nun hoffe ich, dass ich weiter mit dem Tempel arbeiten kann und den Buddhismus und auch die Shaolin Kultur weiterhin in das Bewusstsein der Menschen führen darf. Interessant war, dass ich in Jesolo am Tisch des Abtes vom Shaolin Tempel Deutschland einen mir unbekannten Laienmönch traf, den Meister Shi Yan Lu. Der führt, man sollte es nicht glauben, das Shaolin Zentrum Stuttgart. Ich hatte von dem Zentrum schon gehört, klar, dachte aber bei mir, dass das nicht sein kann, es kann keinen "echten" Meister hier bei mir in der Stadt geben. Dahin gehe ich jetzt jeden Freitag um 20h, mache beim Qi Gong mit, die Welt ist klein.
Für mich war das wirklich ein ganz besonderes Unterfangen. Was hatte ich mir für Sorgen gemacht, Gedanken gemacht, wie er mich wohl empfangen wird. Nichts davon traf ein und alles war ganz anders als ich dachte, sich Sorgen machen, Ängste und Nöte kultivieren, all das bringt nichts, das Annehmen der Dinge, so wie sie sind, das ist das Wichtigste im Leben eines Buddhisten.
Buddha sagte zu diesem Thema einmal: Der Körper ist vergänglich aber die Seele ist unsterblich, erkenne die Wahrheit über den Körper und Du wirst Unsterblichkeit erlangen
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