Heute erscheint es fast unmöglich, ohne in Zeitschriften, Fernsehberichten oder Radio-Reportagen über die Vorteile von Achtsamkeit aufgeklärt zu werden. Natürlich darf dabei der Hinweis auf Meditation nicht fehlen. Genau das soll uns helfen, zur Ruhe zu kommen, endlich inneren Frieden zu finden und ein besseres Leben zu führen. Wir sollen endlich glücklich werden, aber ist das der richtige Weg? Meiner Meinung nach neigt man dazu, sich an die Meditation zu klammern, weil man damit etwas erreichen möchte. Doch Buddha lehrte uns, dass wir nicht wünschen und nicht wollen sollen. Wie passt das also zusammen? Eigentlich gar nicht, denn wenn wir so vorgehen, leugnen wir das wahre Geschehen des Lebens.
Das Leben ist eben nicht zu 100 % wohlwollend zu uns, und es gibt keine Gewissheit, dass alles gut läuft. Nach meiner Überzeugung ist Leiden unvermeidlich, und somit kommt die Lehre des Buddhas ins Spiel. Meditation und Achtsamkeitallein reichen eben nicht aus. Nach dem Lehrer aller Lehrer sollen wir eben nicht anklammern, sondern loslassen. Das bedeutet nicht, dass wir das Leben loslassen, sondern unser Wünschen und Wollen. In der Konsequenz nehmen wir dann alle Ereignisse, die uns widerfahren, einfach an, ohne an ihnen zu hängen, ohne zu wollen und eben ohne zu wünschen.
Das schließt die Tatsache mit ein, dass wir eben nicht wollen, dass wir durch die Meditation zur Ruhe kommen oder unsere Mitte finden. Nein, wir nehmen die Verhaltensmuster und Gefühle an, die eben bei der Praxis entstehen. Wer die Erleuchtung gefunden hat, ist ruhig, präsent und ohne Urteile. Er will nicht, begehrt nicht und lebt das Leben, ohne es zu beanspruchen. Das macht letztendlich glücklich. In der Konsequenz heißt das, dass wir ohne zu streben leben und nicht versuchen, glücklich zu werden, sondern das annehmen, was auf unserem Weg liegt. Wir wünschen uns nicht Reichtum, Schönheit, gute Freunde, tolles Essen oder ein besonderes Haus, sondern dass wir das Leben so annehmen können, wie es ist – voller Leiden und Komplexität.
Das bedeutet auch, dass du nicht an deinen Liebsten hängen darfst, sondern jeden, an dem dein Herz hängt, wie die Vögel in deinem Garten behandeln sollst – frei und unabhängig. Wenn der Vogel zu dir kommt, sei glücklich. Wenn du den Vogel von der Ferne betrachtest, sei glücklich. Und wenn der Vogel nicht kommt, sei ebenso glücklich. Das bedeutet außerdem, dass du das Leben so nehmen musst, wie es eben kommt. Du kannst die Gedanken denken, die Gefühle fühlen und den Impulsen folgen, aber eben an nichts davon anhaften. Für viele mag Meditation natürlich ein Weg sein, um zu beginnen, aber schon zu Beginn stellt sich die Frage: Warum sollte das Streben nach Glück ein Ziel sein? Vielleicht meditierst du, um ziellos zu werden, um die Dinge so akzeptieren zu können, wie sie sind. Der Weg der Umkehrung beherrscht denjenigen, der auf dem richtigen Weg ist. Der Lehrer aller Lehrer hat sich allen Herausforderungen gestellt und das dagegen Kämpfen aufgegeben, als er unter einem Baum saß und seine Erleuchtung erfuhr.
So geht die Geschichte weiter: Er bemerkte, dass das Fliehen vor der Realität keine Lösung ist. Erst als er sich den Dingen stellte, erfuhr er die Erleuchtung. Wenn du also deine Ruhe finden möchtest, könnte es sein, dass dies in Wirklichkeit nur eine Flucht vor dem Problem ist. Wenn du nach Ausgeglichenheit strebst, gehst du dann nicht wirklich der Sache aus dem Weg, die dich beschäftigt? Am Ende kann das Fliehen vor diesen Dingen die Probleme erst verschärfen. Buddha ist nicht geflohen; er hat sich mit den Herausforderungen auseinandergesetzt, mit Geburt, Krankheit, Alter und Tod, mit dem natürlichen Verlauf des Lebens.
Die Vergänglichkeit zeichnet uns Menschen aus – alles, alle Lebewesen, alle Dinge sind vergänglich. Nichts ist von Dauer, nichts besteht. Wenn wir aufhören, dagegen anzukämpfen, sind wir der Erleuchtung wirklich sehr nahe. Wer glaubt, dass der Buddhismus dazu aufruft, das Streben nach Glück aufzugeben, liegt völlig falsch. Das Streben nach Glück ist das Davonlaufen vor der Realität. Wer von euch hat den passenden Charakter, um sich einfach hinzusetzen, seine Gedanken und Gefühle zu fühlen und zu überlegen, was sein Weg sein könnte? All das Wollen, all das Wünschen muss dabei abfallen. Wer bin ich? Wo komme ich her?
Ich hingegen sitze still und schaue zu, wie die Gefühle kommen und wieder gehen, wie die Gedanken kommen und wieder gehen, ohne Abneigung gegenüber dem, was Liebe ausmacht. Alles kommt und geht, und du besitzt und beobachtest es nur. Dabei üben wir uns im Loslassen. Das Loslassen ist von allen Übungen die schwierigste, das kannst du mir glauben. Werden wir morgen noch unser Auskommen haben? Bin ich vielleicht sehr krank? Was zwickt in meinem Magen? Habe ich ein komisches Gefühl im Kopf? Wie wird alles werden? Fragen über Fragen, auf die es eben keine Antworten gibt. Es gibt kein Positives, kein Negatives, kein Gut und kein Schlecht. Es gibt nur das Hier und das Jetzt. Es geht nicht um das Manifestieren von Zuständen oder um positives Denken.
Es geht darum, das zu lassen, eben nicht zu wollen und nicht zu wünschen. Kein Manifestieren, kein positives Denken, und schon gar keine Selbsthilfe. Das Leben ist einfach, es ist, und es kommt so, wie es kommen muss. Vor dem Leben sind wir alle gleich, aber sich dem Leben zuzuwenden, das ist die wahre Herausforderung. Wer von uns kann das wirklich? In jedem Menschen gibt es ein Gefühl der Verlorenheit. Nicht zu wissen, wo man herkommt und wohin man geht, ist schwer. Aber wenn du das Gefühl der Verlorenheit einmal objektiv betrachtest, ohne subjektive Gefühle einfließen zu lassen, dann kannst du es ändern, indem du in der Meditation zu dir findest, nur zu dir, ohne etwas zu wollen. Nichts wollen, keine Ruhe, keine Ausgeglichenheit. Ich finde meine Erleuchtung bei der Meditation, indem wir versuchen, keinen entspannten Zustand zu erreichen, sondern einfach nehmen, was kommt.
Sind wir so, gehen wir der Erregung nach. Woher kommen die Gefühle? Wir warten, bis sie gehen, und betrachten sie, wenn sie uns verlassen. Woher kommt die Entspannung? Wir betrachten auch dieses Gefühl und warten, bis es uns verlässt. Dabei versuchen wir nicht, den Geist zu kontrollieren. So nimm ihn, ohne jede Aufregung, als ersten Schritt in Richtung Loslassen. Das Beobachten der eigenen Gedanken und Gefühle hat etwas sehr Meditatives. Unser Geist ist nur einer von sechs Sinnen: Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken und Denken sind die Türen zu unserem Körper, durch die die Außenwelt in uns eindringt.
Das Loslassen von flüchtigen Gedanken und Gefühlen ist ein Prozess, und der Weg ist dabei selbstverständlich das Ziel. Du darfst nicht vergessen, dass das Loslassen etwas sehr Passives ist. Es ist keine Aktion und schon gar kein Umstand. Es darf keine Bemühung verursachen und kein Aufwand sein. Das Loslassen ist einfach das Loslassen. Es geschieht automatisch, ohne nachzudenken. Am Anfang steht der Entschluss, aber wenn du diesen Entschluss getroffen hast, dann lässt du einfach bloß von den Gedanken, von den Gefühlen, von den Gewohnheiten und den Überzeugungen los. Ohne das Anhaften werden wir zu unserem wahren Selbst.
Der Weg ist das Ziel!
Buddha sagte zu diesem Thema: "Die Meditation ist der Weg zur Erkenntnis durch Selbstbeobachtung und zur Inneren Ruhe durch Selbstdisziplin. Wenn Du lernst still zu sitzen und dein eigenes Selbst zu beobachten, wirst Du alles verstehen."
"Loslassen bedeutet, die Hände zu öffnen, um zu empfangen, was das Leben für dich bereithält."
"Wahres Loslassen liegt nicht im Verzicht, sondern in der Freiheit, ohne Anhaftung zu leben."
"In der Stille des Loslassens findest du den Frieden, den die Welt nicht geben kann."
"Das Loslassen ist der Schlüssel, der das Tor zur inneren Freiheit öffnet."
"Die Kunst des Lebens besteht darin, loszulassen, was gehen muss, und festzuhalten, was bleiben kann."
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