Gartenarbeit

Geschrieben am 28.06.2025
von SR


„Bewegung und frische Luft – das ist das Entscheidende“, sagte mir meine Oma früher mit einem Lächeln. „Der Garten hält mich nicht nur körperlich in Schwung, sondern klärt auch meine Gedanken.“ Für meine Großeltern war der Garten nie nur ein Stück Land mit Pflanzen – er war ein heiliger Ort, eine Quelle der Ruhe, ein kleines Paradies im Alltag.

Kein Wunder, denn beide waren ihr Leben lang eng mit der Erde verbunden – als Gärtnerin und Gärtner wussten sie, dass jede Tätigkeit im Garten mehr ist als bloße Arbeit.



Im Buddhismus ist die Verbindung zur Natur ein Weg zur Achtsamkeit. Wenn Du zum Beispiel Unkraut zupfst, kannst Du das als Übung im Loslassen sehen – so wie Du das Gras aus der Erde ziehst, kannst Du auch störende Gedanken aus Deinem Geist entfernen. Es geht nicht darum, den Garten perfekt zu machen, sondern darum, im Moment zu sein – mit jedem Atemzug, jeder Bewegung, jeder Berührung der Erde.
Das Umgraben der Beete ist körperlich anstrengend, ja, aber es bringt Dich auch tief in Deinen Körper zurück. Es erdet Dich, im wahrsten Sinne. Du spürst den Widerstand der Erde, Deinen Atem, den Rhythmus Deiner Arbeit. Im Buddhismus ist das genau die Art von Konzentration, die zur Meditation führt – voll und ganz im Hier und Jetzt, ohne Ablenkung, ohne Eile.


Beim Pflanzen von Gemüse oder Blumen kannst Du lernen, Geduld zu entwickeln. Nichts wächst über Nacht. Jeder Same braucht seine Zeit, so wie jede innere Entwicklung. Der Garten lehrt Dich, dass alles seinen natürlichen Lauf hat – ein Prinzip, das auch in der buddhistischen Vorstellung von Samsara und der Vergänglichkeit verankert ist. Alles verändert sich, nichts bleibt, wie es ist. Und genau darin liegt Frieden.
Auch das Gießen der Pflanzen ist mehr als nur Routine. Es ist ein Akt der Fürsorge – für das Leben um Dich herum. Diese liebevolle Achtsamkeit, die Du Deinen Pflanzen schenkst, darfst Du auch Dir selbst entgegenbringen. Im Zen-Buddhismus heißt es: „Schnell oder langsam – geh einfach.“ Und so ist auch jede Gartenarbeit eine stille Form der Meditation, ein Weg, zu Dir zurückzufinden.

Der Garten war für meine Großeltern kein Ort der Arbeit, sondern ein Ort des Lebens. Und wenn Du bereit bist, achtsam zu schauen, dann kannst Du im einfachen Tun die größte Weisheit finden.



Um den meditativen Wert der Gartenarbeit noch tiefer zu verstehen, passt eine bekannte buddhistische Anekdote besonders gut – die Geschichte von Zen-Meister Baizhang und der Schaufel.

Baizhang war ein hochverehrter Chan-Meister im alten China. Er leitete ein Kloster und bestand darauf, täglich selbst mitzuarbeiten – auf dem Feld, im Garten, bei den einfachsten Aufgaben. Eines Tages wollten seine Schüler ihm diese Arbeiten abnehmen, schließlich war er ein alter, weiser Lehrer. Doch Baizhang wies sie freundlich, aber bestimmt zurück. Er sagte:

„Ein Tag ohne Arbeit ist ein Tag ohne Essen.“

Diese Worte sind bis heute in der Chan-Tradition bekannt. Sie erinnern uns daran, dass körperliche Arbeit – besonders in der Natur – nicht nur notwendig, sondern zutiefst spirituell ist. Baizhang sah die Gartenarbeit nicht als Last, sondern als Praxis. Im Umgraben, Pflanzen, Jäten und Ernten konnte er dieselbe Tiefe erleben wie in stiller Meditation.



So, wie Baizhang die Schaufel in die Erde stieß, so darfst auch Du spüren, wie jeder Handgriff im Garten Dich mit dem gegenwärtigen Moment verbindet. Im Buddhismus ist das Tun ohne Anhaftung – ohne Gier, ohne Abneigung, ohne Ablenkung – ein Ausdruck gelebter Achtsamkeit.

Wenn Du also Deine Hände in die Erde legst, Blumen setzt oder reifes Gemüse erntest, ist das nicht nur eine Aufgabe – es ist eine Gelegenheit, Dich selbst zu erfahren, den Geist zu beruhigen und mit allem Lebendigen in Kontakt zu treten. Der Garten wird dann zu einem Ort der Praxis, genau wie ein Meditationskissen im Tempel.

Chan-Meister Baizhang zeigte uns mit seinem Beispiel, dass es keinen Widerspruch gibt zwischen Spiritualität und Alltagsarbeit. Im Gegenteil – gerade im Einfachen, im Stillen, im Rhythmus der Natur liegt eine tiefe Wahrheit verborgen.

Wenn Du bereit bist, diesen Weg zu gehen, kann jede Gartenarbeit ein Gebet sein – ohne Worte, aber voller Präsenz. Ein Dialog zwischen Dir, der Erde und dem Leben selbst.



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