Die Rede über Fortschritt und Zukunft
So habe ich es gehört.
Einst, in der Blütezeit des Dharmas, saß der vollkommen Erleuchtete, Siddhartha Gautama, den du als den historischen Buddha kennst, im Schatten eines friedlichen Baumes am Rande eines Dorfes.
Umgeben von Suchenden, Mönchen und Laien, die mit offenen Herzen zuhörten, wandte er sich an dich – ja, an dich, der du hier zuhörst –, mit deinen Hoffnungen auf morgen und deinen Ängsten vor dem Ungewissen.
Mit sanfter Stimme, die wie der Wind durch die Blätter rauscht, sprach er zu dir, mein Freund, und sagte: „Lass uns vom Fortschritt sprechen.”
Von der Zukunft, von jenen zwei Flüssen, die dein Leben durchfließen.
Du weißt, der Buddha war kein König auf einem Thron aus Gold, kein Weiser aus uralten Legenden, sondern ein Mensch wie du. Er wurde vor über 2500 Jahren in Lumbini in einem prächtigen Palast geboren, doch er war gefangen in der Illusion der Dauer.
Siddhartha lebte in Reichtum, umgeben von Jugend und Gesundheit. Doch tief in ihm glühte eine Unruhe, ein Sehnen nach etwas Größerem.
Der Fortschritt, den die Welt ihm bot, war der eines Kriegers, der Reichtum anhäuft und Macht erobert.
Die Zukunft erschien ihm wie ein endloser Pfad des Siegens und Eroberns. Doch siehe, was geschah.
Eines Tages, in einer Anekdote, die sein Leben für immer verändern sollte, verließ Siddhartha den Palast – getrieben von einer inneren Stimme.
Draußen, jenseits der schützenden Mauern, begegnete er den vier Anzeichen des Lebens – den Lehren der Furcht.
Er sah die Vergänglichkeit, die wie Pfeile durch sein Herz bohrte.
Zunächst sah er einen alten Mann, der gebeugt und zitternd war und dessen Schritte wie welkes Laub raschelten.
„Was ist das?“, fragte er seinen Kutscher Janna.
»Das ist das Alter, mein Herr, das jede Blüte ereilt.«
Siddhartha erschrak, denn in diesem Moment erkannte er: Der Fortschritt der Jahre führt nicht zu Vollkommenheit, sondern zu Verfall.
Sondern zu Verfall.
Er traf einen Kranken, der vor Schmerzen stöhnte und dessen Körper wie ein Gefängnis aus Leid war.
„Das ist Krankheit“, erklärte Janna, „die selbst die Stärksten niederstreckt.“
Hier lernte er, dass die Zukunft keine Garantie für Wohlstand bietet, sondern ein Spiegel der Unbeständigkeit ist.
Bald darauf begegnete er einem Toten, der auf einer Bahre getragen wurde und von Trauernden umgeben war.
„Das ist der Tod“, flüsterte Janna, „der Hüter aller Welten.“
Und schließlich erblickte er einen stillen Asketen, der mit gelassener Miene wanderte und frei von Bindungen war.
„Das ist der Weg der Entsagung“, sagte Janna, „der zum inneren Frieden führt.“
Diese Begegnungen zeigten Siddhartha den Umgang seiner Zeit mit Fortschritt und Zukunft.
Die Welt der Suchenden jagte nach äußerem Glanz, Reichtum, Macht und langem Leben durch Rituale und Opfer – ganz wie heute.
Doch der Buddha, der damals noch ein Suchender war, sah dies.
Er erkannte, dass wahrer Fortschritt nicht in der Anordnung oder Anhäufung liegt, sondern in der Einsicht in die drei Merkmale: Vergänglichkeit (Anicca), Leiden (Dukkha) und Nicht-Selbst (Anatta).
Das Leben ist wie ein Traum, der sich auflöst, sobald du ihn greifen willst.
Statt sie zu fürchten oder zu jagen, lade ich dich ein, sie als Lehrerin zu ehren.
Fortschritt, das ist der edle, achtfache Pfad.
Rechte Ansicht, rechte Absicht, rechte Rede, rechte Handlung, rechte Lebensweise, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit und rechte Sammlung.
Jeder Schritt darauf ist ein Atemzug im Hier und Jetzt, der dich voranbringt, ohne fesselnde Erwartungen.
Stell dir vor, du stehst vor einer ungewissen Zukunft: Vielleicht wartet eine neue Arbeitsstelle auf dich, du planst eine Reise oder du musst dich von jemandem verabschieden.
Die Welt flüstert dir zu: „Mach Fortschritte! Plane die Zukunft!”
Doch Buddha lehrt, dass Fortschritt im Mitgefühl und in der Weisheit blüht, nicht im Hasten.
Wenn du in der Zukunft lebst, verlierst du das Jetzt.
Wenn du dem Fortschritt wie ein Schatten nachjagst, entgleitet er dir.
Übe stattdessen Achtsamkeit und lass Gier und Furcht los.
So wird deine Zukunft nicht zur Last, sondern zum sanften Strom, der dich zum Erwachen trägt.
Mein Freund, lass uns tiefer in diese Weisheit eintauchen, die der Erwachte dir geschenkt hat.
Stell dir vor, du wanderst durch einen Wald, in dem sich jeder Pfad teilt.
Einer führt zu Reichtum, ein anderer zu Ruhm. Doch ein dritter, schmal und unscheinbar, führt zum Herzen des Waldes, wo die Stille wohnt.
Der Fortschritt, den die Welt preist, ist wie die Jagd nach Schatten.
Du rennst und sie tanzen voraus und locken mit Versprechen, die verblassen.
Der Buddha, der in seiner Jugend die Pracht des Palasts genoss, lernte dies durch harte Askese.
Nach den vier Anzeichen floh er in die Wälder, peitschte seinen Körper mit Fasten und Buße, in der Hoffnung, die Zukunft zu erreichen.
Sechs Jahre lang quälte er sich, bis sein Leib nur noch aus Haut und Knochen bestand, ein im Wind raschelndes Skelett.
„Ist das Fortschritt?“, fragte er sich eines Nachts, als Sterne durch die Blätter blitzten.
Nein, erkannte er, wahrer Fortschritt entsteht nicht durch Zerstörung, sondern durch Balance.
der mittlere Weg, der keinen Extremen folgt.
Du, der du in die Welt gehst, bist ein Erwachter, der dich zum Erwachen trägt.
Wenn du in einer Welt voller Maschinen und Bildschirme lebst, kannst du ähnliche Fallen erkennen.
Dein Fortschritt misst sich in Zahlen: mehr Geld, mehr Likes, mehr Meilen auf dem Zähler – das ist die Zukunft.
Ein Kalender voller Termine, ein Horizont, den Apps vorhersagen.
Doch der Buddha warnt: Diese Illusionen nähren das Begehren, das Leid gebiert.
Erinnere dich an seine Anzeichen.
Erinnere dich an seine eigene Erleuchtung unter dem Bodhi-Baum, wo in der Stille gewohnt wird.
Der Weg ist das Ziel!
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