Hast und Eile

Geschrieben am 04.12.2025
von SR


Hast und Eile im Licht des Buddhismus

In unserer hektischen Welt, geprägt von ständiger Eile und dem Drang, alles sofort zu erledigen, scheint Hast zu einer zweiten Natur geworden. Smartphones piepen, Termine jagen einander, und wir hasten von einem Moment zum nächsten, ohne wirklich anzukommen. Der Buddhismus, eine Lehre der inneren Ruhe und Achtsamkeit, bietet hier eine tiefe Gegenperspektive. Der Buddha, Siddhartha Gautama, lehrte, dass Hast nicht nur unser äußeres Leben belastet, sondern vor allem ein Zustand des Geistes ist, der zu Leiden führt. In seinen Worten, wie sie im Dhammapada überliefert sind, heißt es: „Wer hastig ist, der verliert den Weg; wer ruhig geht, der erreicht das Ziel.“ Hast entsteht aus Gier, Unwissenheit und dem Festhalten an Illusionen – den drei Giften, die der Buddha als Ursachen allen Leids identifizierte.



Der Buddha sah in der Eile eine Form der Unachtsamkeit (appamada), die uns vom gegenwärtigen Moment entfremdet. In den Sutras betonte er die Tugend der Geduld (khanti), die nicht passives Ertragen bedeutet, sondern eine aktive Haltung der Akzeptanz und des Wartens. Hast treibt uns an, impulsiv zu handeln, was oft zu Fehlern und Reue führt. Stattdessen lehrte der Buddha den Edlen Achtfachen Pfad, der Achtsamkeit (sati) und rechte Konzentration (samma samadhi) einschließt. Wer eilt, übersieht die Vergänglichkeit (anicca) aller Dinge und klammert sich an das Vergängliche, was Dukkha – Leid – verstärkt. In einer Zeit, in der Multitasking als Tugend gilt, erinnerte der Buddha daran, dass wahre Weisheit in der Langsamkeit liegt: „Beeile dich nicht, um zu leben; lebe, um nicht zu beeilen.“ Seine Ansichten wurzeln in der Erkenntnis, dass der Geist wie ein wilder Affe ist – ungezähmt springt er von Gedanke zu Gedanke, und Hast nährt diese Unruhe. Durch Meditation, wie das Vipassana, lernen wir, den Geist zu beruhigen und im Hier und Jetzt zu verweilen, frei von der Illusion der Dringlichkeit.


Eine eindrucksvolle Anekdote aus dem Leben des Buddha illustriert diese Lehre. Einst wanderte der Erwachte mit seinen Schülern durch eine waldige Gegend und kam an einen Fluss, dessen Wasser trüb und schmutzig war, da ein Sturm es aufgewühlt hatte. Die Mönche wollten den Strom durchqueren, doch der Buddha hielt sie zurück. „Wartet“, sagte er ruhig. „Wenn ihr jetzt hineingeht und rührt, werdet ihr den Schlamm nur noch mehr aufwirbeln und das Wasser unpassierbar machen.“ Stattdessen setzten sie sich ans Ufer und warteten in Stille. Nach einer Weile, als die Sonne höher stieg, begann der Fluss sich von selbst zu klären. Der Schlamm sank zu Boden, und das Wasser wurde kristallklar. Nun überquerten sie es mühelos. Der Buddha nutzte diesen Moment, um zu lehren: „So ist es mit dem Geist. In Hast handelt ihr und verschlimmert das Chaos. Wartet mit Geduld, und Klarheit entsteht von allein.“ Diese Geschichte, überliefert in den Jatakas, zeigt, wie der Buddha selbst in alltäglichen Situationen die Weisheit der Langsamkeit verkörperte. Er eilte nie, sondern handelte bedacht, was ihm half, die Erleuchtung unter dem Bodhi-Baum zu erlangen – nach Jahren der Suche, nicht in einem Moment der Eile.



Heute können wir diese Weisheit anwenden, indem wir bewusste Pausen einlegen: Atmen wir tief ein, bevor wir antworten; essen wir achtsam, statt zu schlingen; gehen wir langsam, um die Welt wahrzunehmen. Der Buddha warnte, dass Hast uns blind macht für die Schönheit des Augenblicks und uns in den Kreislauf des Samsara fesselt. Stattdessen führt Geduld zur Befreiung (nibbana), wo Zeit keine Tyrannin mehr ist.

Wer die Eile loslässt, findet Frieden. Wie der Buddha lehrte: „In der Ruhe liegt die Kraft.“ Lassen wir uns nicht hetzen – das Leben entfaltet sich in seinem eigenen Rhythmus, und wer wartet, gewinnt alles.



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